Recycling – Das Fundament der Kreislaufwirtschaft

Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist das große Ziel der Kunststoffbranche. Dadurch können fossile Rohstoffe gespart und CO₂-Emissionen reduziert werden. 
Während die EU-weite Zielvorgaben (für 2030) für das Recyceln von Pappe & Papier bei 85 % liegt, dicht gefolgt vom Werkstoff Glas mit einer Ziel-Recyclingquote von 75 %, bildet Kunststoff, mit einer Zielquote von 55 % im Jahr 2030 noch immer das Schlusslicht. In der Realität ist diese Zielsetzung für den deutschen Raum mit einem Wert von 60,4 % im Jahr 2021 zwar bereits übererfüllt, was jedoch kein Grund für Stillstand sein sollte. Im Gegenteil: Der Schutz fossiler Rohstoffe und die Einsparung von CO₂-Emissionen sowie viele weitere Umweltschutzthemen sind Grund genug, das Thema Recycling und eine funktionierende Kreislaufwirtschaft für den wertvollen Werkstoff Kunststoff weiter voranzutreiben. Über dieses wichtige und zukunftsweisende Thema haben wir mit Jens Huchzermeier (Materialexperte bei SPIES Packaging), Ralf Abeln (Recyclingexperte bei LKR) und Nina Franke (Nachhaltigkeitsmanagerin bei SPIES Packaging) gesprochen.

 

Welche Voraussetzungen für das Recyceln von Kunststoffen gibt es?

Nina Franke: Eine Grundvoraussetzung für die Recyclingfähigkeit eines Materials ist seine Reinheit. Diese kann sich sowohl auf das Material an sich als auch auf Substanzen beziehen, die im Laufe der Zeit mit dem Kunststoff in Kontakt kommen. Das Material selbst ist nur dann vollständig recyclingfähig, wenn es sich um Monomaterial handelt, also um eine Kunststoffart, die nicht mit anderen Materialien, wie einer anderen Kunststoffart, Papier, Pappe oder ähnlichem fest verbunden ist. Verbundmaterialien, die nicht voneinander trennbar und somit sortenrein entsorgt werden können, eignen sich hingegen wenig bis gar nicht für den Recyclingkreislauf.

Bei SPIES produzieren wir fast ausschließlich Verpackungen aus Monomaterial, bei denen sowohl die Verpackung an sich als auch das Etikett aus 100 % Polypropylen besteht und somit bestens für einen Recyclingprozess geeignet ist. Bei vielen Verpackungen, die wir zum Beispiel im Bereich der Lebensmittel in den Supermärkten finden, ist dies allerdings nicht der Fall. Häufig besteht das Etikett aus einem anderen Material als die Verpackung selbst. Sind diese Komponenten dennoch händisch trennbar, ist der Endverbraucher gefragt, dies zu tun und die einzelnen Bestandteile fachgerecht zu entsorgen, um einen weiteren Recyclingprozess zu ermöglichen. 

 

Welche Verfahren gibt es, um Kunststoffe zu recyceln?

Jens Huchzermeier: Allgemein gibt es zwei verschiedene Arten des Recyclings bei Kunststoffen: das mechanische und das chemische Recycling.
Beim mechanischen Recycling werden Kunststoffabfälle nach Kunststoffarten sortiert, gewaschen, zerkleinert und aufgeschmolzen. Ein neues Granulat entsteht, welches dann als Rezyklat bezeichnet wird. In manchen Einsatzgebieten besteht auch die Möglichkeit, das Mahlgut ohne erneute Granulierung zu verarbeiten. Ein Merkmal des mechanischen Recyclings ist, dass die chemischen Strukturen der Kunststoffe dabei unverändert bleiben. Die mechanischen Eigenschaften hingegen können nach dem Recyclingprozess verändert sein.

Anders ist dies beim chemischen Recycling. Hier werden die Kunststoffe in ihre chemischen Grundbausteine (Polymere, Monomere & Atome) zerlegt. Das Endprodukt dieses Recyclingprozesses sind folglich erst einmal die einzelnen chemischen Bestandteile des Kunststoffes, welche dann erneut zu Kunststoffgranulat in Neumaterial-Qualität verarbeitet werden. Dieser Prozess ist sehr energieintensiv und zum aktuellen Zeitpunkt in der breiten Masse noch nicht anwendbar.

Das Endprodukt eines Recycling-Vorgangs nennt man Rezyklat oder auch Regranulat, das als Rohstoff für die Produktion neuer Produkte genutzt werden kann.

 

Gibt es verschiedene Arten von Rezyklat? Wenn ja, wie werden sie unterschieden?

Jens Huchzermeier: Bei fertigem Rezyklat wird zwischen PIR (Post Industrial Rezyklat) und PCR (Post Consumer Rezyklat) unterschieden. Entscheidend ist dabei die Prozessstufe, in der sie entnommen wurden.

Post Industrial Rezyklate bestehen aus Ausschussware und Produktionsabfällen, die bei der industriellen Verarbeitung von Kunststoffen anfallen. Das Material wird dem Prozess bereits in der Produktionsstätte entnommen und ist somit ungenutzt bzw. im Falle einer Verpackung noch nicht mit einem Inhalt befüllt.

In Post Consumer Rezyklat werden hingegen Kunststoffabfälle verwertet, die das vorläufige Ende ihres Produktlebenszyklus bereits erreicht haben und durch den Endkonsumenten zum Beispiel im Gelben Sack fachgerecht entsorgt wurden.

 

Was passiert mit dem Ausschuss, der bei SPIES entsteht?

Ralf Abeln: Das Material wird in Sammelbehältern, die dem Standard und den Anforderungen der Firma SPIES entsprechen erfasst. Anschließend wird der Ausschuss durch unseren Logistikpartner vor Ort zu den Aufbereitungsanlagen in Vechta transportiert. Nach einer intensiven Eingangskontrolle durch unsere Qualitätssicherung wird das Material den Aufbereitungsanlage zugeführt.

An der Anlage wird der Ausschuss nach Farbvorgaben sortiert, wobei potenzielle Störstoffe ausgeschleust werden. Anschließend findet die mechanische Aufbereitung inklusive einer Feingutabsiebung statt. Danach erfolgt die Weiterleitung zur Schmelzefiltration über eine Homogenisierung. Innerhalb dieses Prozesses wird das Material vakuumentgast, sowie anschließend nachhomogenisiert und abgekühlt. Das fertige Regranulat wird dann in die vorgesehen Verpackungen abgefüllt und es wird eine Endkontrolle zur Sicherung der Qualität durchgeführt.

Zu guter Letzt wird das fertige Material durch die hauseigene Spedition wieder an die Firma Spies zurückgeführt.

 

Welche Besonderheiten gibt es beim Einsatz von Rezyklat in der Lebensmittelbranche?

Jens Huchzermeier: Aufgrund der Tatsache, dass das Verfahren des mechanischen Recyclings aktuell das einzig etablierte und massentaugliche ist, ist das Thema Reinheit von großer Bedeutung im Kontakt mit Lebensmitteln.

Der Kunststoff Polypropylen wird nicht ausschließlich für die Verpackung von Lebensmitteln, sondern bspw. auch für Chemikalien und andere Stoffe verwendet. Aufgrund der dadurch nicht gewährleisteten Materialreinheit gibt es im Bereich der Lebensmittelverpackungen und anderen sensiblen Bereichen hohe Auflagen bezüglich des Einsatzes von Rezyklat. Aus Sicherheitsgründen darf in der Regel kein Rezyklat für Produkte in diesen Bereichen eingesetzt werden. Ausnahmen gibt es beispielsweise für recyceltes PET, da dieses Material aus einem geschlossenen, lebensmittelechten Kreislauf, dem Flaschenpfandsystem, kommt und dank neuer Technologien auch im Spritzgussbereich angewendet werden kann.

Der entscheidende Punkt ist folglich ein geschlossener Kreislauf, bei dem eine Rückverfolgbarkeit der Verpackungsnutzung und deren Inhalt sichergestellt werden kann. Das ist wichtig, um auszuschließen, dass beispielsweise keine alten Motorölkanister nach dem Recyclingprozess zu neuen Eisverpackungen werden und unter Umständen die Lebensmittelqualität gefährden.

Im Non-Food-Bereich hingegen ist sowohl der Einsatz von PIR- als auch von PCR-Material möglich, ebenso wie in Flächen oder Schichten einer Kunststoffverpackung, die nicht im direkten Kontakt zum Lebensmittelinhalt stehen.

 

Für eine lebensmittelkonforme Kreislaufwirtschaft im Bereich Polypropylen ist eine eben erwähnte Rückverfolgbarkeit des Produktlebenszyklus jeder einzelnen Verpackung nötig. Wie ist das realisierbar?

Nina Franke: Ansätze dazu gibt es einige. Gemeinsam mit vielen Partnern haben wir im Rahmen der Initiative HolyGrail 2.0 ein „intelligentes“ Verpackungsdesign entwickelt, das maßgeblich dazu beiträgt, einen großen Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft zu gehen. Dabei werden spezielle Codes, die detaillierte Materialinformationen enthalten, in den Aufdruck des Etiketts integriert oder in die gesamte Oberfläche der Verpackung eingebracht, damit die Kunststoffteile genau und effizient sortiert werden können. Für das Auge kaum sichtbar, beeinflussen diese Codes die Optik einer Verpackung nicht. Im Umgang mit Kunststoff und in den Sortieranlagen Europas werden die sogenannten „digitalen Wasserzeichen“ jedoch künftig eine wesentliche Rolle spielen, wenn es um das Thema Recyclingfähigkeit geht. Dort können dank des Codes auch kleinste Kunststoffteile ihrer vorangegangenen Verwendung zugewiesen und somit beispielsweise Lebensmittelverpackungen und Verpackungen von Reinigungsmittel voneinander unterschieden werden. Diese Sortierung ermöglicht folglich eine Selektierung der lebensmittelechten Verpackungen und bildet damit die Grundlage für den weiteren Einsatz des daraus entstehenden Rezyklates im Food-Bereich.

 

Welche Rolle spielt das Thema Recycling für das Unternehmen SPIES?

Nina Franke: Uns liegt das Thema Recycling mit dem Ziel einer Kreislaufwirtschaft sehr am Herzen und wir sind der Überzeugung, dass es für die Kunststoffbranche eines der wichtigsten Zukunftsthemen ist. Deshalb achten wir stets auf eine gute Recyclingfähigkeit unserer Produkte und arbeiten im Bereich Recycling eng mit unserem Partner LKR zusammen. Aufgrund der eben erwähnten Vorgaben und Richtlinien zur Verwendung von Rezyklat ist deren Einsatz bei uns aktuell leider nur sehr begrenzt möglich. Projektbezogen setzten wir jedoch sowohl PIR- als auch PCR-Material ein wie z. B. für die Verpackungen eines namhaften Tierfutterherstellers oder eine Kartusche zur Anwendung in einer Spülmaschine eines renommierten Haushaltsgeräteherstellers.

Durch unsere ISCC Plus Zertifizierung sind wir in der Lage, auch biobasierten oder chemisch recycelten Kunststoffen zu verarbeiten, dies ist bisher nur in Einzelprojekten und nicht in der breiten Masse anwendbar.

 

Was passiert mit dem Rezyklat, was das Unternehmen selbst nicht weiter nutzen kann?

Ralf Abeln: Das produzierte Rezyklat wird in unterschiedlichen Anwendungsformen wieder eingesetzt, wie z.B. im Bereich der Automotivanwendungen, sowie der Möbelindustrie oder der Industrieverpackungen.

Ebenso wird das Rezyklat so aufbereitet, dass es für kundenspezifische Compounds als Blend Material eingesetzt werden kann.

Weiterführend erläutert Ralf Abeln die Arbeit von LKR: Wir setzten uns tagtäglich mit ganzheitliche Recyclingkonzepten auseinander und haben das Bestreben, Unternehmen wie der Firma SPIES in den Bemühungen lebbare Kreislaufwirtschaft zu betreiben, zu unterstützen und zu ergänzen“.

 

Erfahren Sie hier mehr über die Nachhaltigkeit bei SPIES, über das Thema Recycling und das Unternehmen LKR oder laden Sie sich hier das Expeteninterview als PDF herunter.

 

(Quellen: www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/abfall-und-recycling/22033.html; de.statista.com/statistik/daten/studie/1077942/umfrage/eu-weite-zielvorgaben-fuer-recycling-von-verpackungsabfaellen-nach-materialart/)